„Sollten sich die Sanierungsarbeiten am Stadttheater nochmals verzögern, könnten wir den Kubus problemlos auch für eine weitere Spielzeit während des Winters stehen lassen oder den Bau sogar nachträglich auf veränderte Bedürfnisse anpassen“, erklärt Christian Frei, Projektleiter von NÜSSLI. Für ihn ist der Kubus weit mehr als eine temporäre Halle mit Theaterinfrastruktur. Frei ist der Entwickler des neuen modularen Hallensystems von NÜSSLI und der Theaterkubus so etwas wie sein erstes „Baby“. Eineinhalb Jahre arbeitete er mit seinem Team an der Entwicklung des Systems, mit dem sich Hallen innerhalb kürzester Zeit selbst an den ausgefallensten Standorten realisieren lassen – in jeder beliebigen Grösse und bis 40 Meter Breite stützenfrei.
Effizient und bequem aufbauen
Während der Aufbauarbeiten auf dem Waisenhausplatz sah man Christian Frei oft auf der Baustelle und immer wieder legte er auch selbst Hand an. Denn die Montage des modularen Hallensystems ist fast genauso spannend wie seine unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten. Ganz zu Beginn installiert die Montagecrew die Aussenstruktur mit dem flexiblen NÜSSLI Bausystem. Danach baut sie – am Boden und bequem auf Arbeitshöhe – die Dachstruktur einschliesslich den Vorrichtungen für Licht und Ton innerhalb der vorgesehenen Gebäudefläche vollständig zusammen. Schliesslich wird die gesamte Dachstruktur auf die definitive Höhe verfahren. Diese Bauweise reduziert die erforderliche Installationsfläche auf ein Minimum, erlaubt die Installation selbst auf sensiblem Untergrund und erhöht zudem die Sicherheit für die Crew. Auf dem Berner Waisenhausplatz konnten deshalb alle Strassen rund um den Kubus durchgehend befahrbar bleiben und die kranlose Montage beanspruchte die darunterliegende Parkhausstruktur in keiner Art und Weise.
Zentrale Lage eröffnet Möglichkeiten
Die Idee, mit dem Theaterkubus zum Publikum zu gehen anstatt die Zuschauer in ein bestehendes Provisorium zu holen, eröffnet dem Theater Bern neue Möglichkeiten. Bewusst wurden deshalb Veranstaltungen ins Programm aufgenommen, die zur zentralen Lage auf dem öffentlichen Platz passen und die verschiedenste Interessen ansprechen: Eine Tango-Milonga steht deshalb neben Ballett, Oper und Schauspiel genauso im Programmheft wie das Public Viewing der Fussball-Europameisterschaft oder ein James Bond Abend. Gerade beim Bauen auf öffentlichen Plätzen, auf sensiblem Untergrund oder mit begrenztem Zugang bietet das modulare Hallensystem denn auch einige wichtige Vorteile. Das Bausystem benötigt keine Fundamente, es ergeben sich deutlich geringere Punktlasten als bei Bauten mit herkömmlichen Stahlstützen und die gesamte Last verteilt sich gleichmässig auf die ganze Grundfläche. Dass sich direkt unter dem Waisenhausplatz ein Parkhaus befindet und somit besondere statische Auflagen gelten, stellte deshalb für den Theaterkubus trotz seiner Grösse von 1000 Quadratmeter und seinem Gewicht von 200 Tonnen kein Problem dar. Zumal für die Montagearbeiten beim modularen Hallensystem keinerlei schwere Krangeräte benötigt werden. „Wir hätten den Theaterkubus auch auf dem Pilatus oder auf einem Golfplatz aufstellen können“, lacht Projektleiter Frei. „Das geht.“
Heute planen, morgen bauen
Die Planung des Berner Theaterkubus mit 480 Sitzplätzen, Gastronomie-, Backstage- und Technikbereich sowie Garderobe dauerte weniger als ein Jahr. „Einen Monat nachdem der erste Lkw mit Material angerollt war, stand der Kubus schon fixfertig verkleidet und eingerichtet bereit“ erzählt Christian Frei. Er ist gespannt auf die Reaktionen nach der ersten Vorstellung, fügt aber ganz gelassen hinzu: „Wenn die Theaterorganisation noch Änderungen wünscht, lässt sich das einfach und schnell anpassen. Die Wände des Kubus bestehen ebenfalls aus Systemmaterial. Sie sind gerade so dick, dass sich die ganzen Installationen darin unterbringen lassen und trotzdem einfach zugänglich bleiben.“
Bereits sind die nächsten Projekte mit dem modularen Hallensystem in Planung. Neben weiteren Theaterbauten plant NÜSSLI eine doppelstöckige Brücke für das IndyCar Rennen in Boston im September. Eine Brücke, die es in sich hat, denn sie führt quer über die Rennstrecke in der South Boston Waterfront und wird als VIP-Lounge ausgestattet. Das anspruchsvolle Bauwerk besteht vollständig aus Systemmaterial. Somit ist es möglich, einen Tag nach Genehmigung des Baukonzepts von Kunden- oder Behördenseite mit dem Bau zu beginnen – das ist einmalig!