Osttribüne KSC Holstein Kiel, Holstein Stadion, Kiel 2019
Nordtribüne Wildpark Stadium, Karlsruhe SC
Osttribüne KSC Holstein Kiel, Holstein Stadion, Kiel 2019

„Kiel ist ein einzigartiger Fall“

Bernd Helmstadt, Director Sales Nüssli Gruppe, spricht im ersten des zweiteiligen Interviews über die Stadionprojekte in Kiel und Karlsruhe und erläutert die Herausforderungen, die sich während des Umbaus ergeben.

Mai 2019

Stadionwelt: NÜSSLI ist ein führender, weltweit tätiger Anbieter von temporären Bauten. An welchen Stadionprojekten in Deutschland haben Sie in den letzten Jahren mitgewirkt?
Helmstadt: Wir agieren seit Ende der 1990er Jahre als Anbieter von modularen und temporären Bauten für Sport-, Kultur- und Business-Veranstaltungen. Im Sportbereich sind es mittlerweile rund 60 Fußballvereine in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Spanien, Kanada, Afrika und der Golf-Region, mit denen wir unterschiedliche Projekte umgesetzt haben. In Deutschland waren wir zuletzt am Stadionumbau in Darmstadt und Würzburg beteiligt. Aktuell sind wir Teil der Projekte in Kiel und Karlsruhe.

Stadionwelt: In Kiel errichten Sie eine modulare Tribüne für bis zu 7.000 Besucher. Wie läuft bei solch einem Projekt die Auftragsvergabe? Hat im Vorfeld eine öffentliche Ausschreibung stattgefunden?
Helmstadt: Ein Vergabe-Prozess lässt sich nicht generalisieren, er unterscheidet sich von Stadionzu Stadion. Beispielsweise gab es für das Umbauprojekt des Wildparkstadions in Karlsruhe eine öffentliche Ausschreibung, woraufhin sich Unternehmen mit ihren Angeboten bewerben konnten. Kiel ist ein besonderer und einzigartiger Fall – hier gab es zweimal eine öffentliche Ausschreibung, ohne dass sich ein Unternehmen gemeldet hat. Aufgrund von DFL-Auflagen ist der Verein in der Folge zunehmend unter Druck geraten, weil der Spielbetrieb in der 2. Bundesliga an bestimmte Vorgaben geknüpft ist – unter anderem benötigt ein Stadion eine bestimmte Zuschauerkapazität.
Um den Spielbetrieb und die Lizenz nicht zu gefährden, bestand also Handlungsbedarf. Aus diesem Grund und aufgrund des Mangels an Alternativen hat sich Holstein Kiel zusammen mit der Stadt Kiel auf eine Zwischenlösung geeinigt, bis ein Generalunternehmen für den Bau der neuen Tribüne gefunden ist. Der Plan sah vor, im unteren Bereich Steh- und im oberen Bereich der Tribüne Sitzplätze zu installieren. Weil Nüssli schon am Bau einer kleineren Tribüne im Holstein-Stadion beteiligt war, bestand schon eine Beziehung zu Stadt und Verein, sodass man sich kannte. Als die Frage aufkam, wer die provisorische Tribüne errichten soll, ist Holstein Kiel an uns herangetreten.

Stadionwelt: Mit welchen Argumenten konnten Sie die Initiatoren des Projekts von sich überzeugen? Was unterscheidet das System von NÜSSLI von anderen Tribünenbauern?
Helmstadt: Weil DFL Richtlinien erfüllt werden mussten und durch eine geringere Zuschauerkapazität pro Heimspiel finanzielle Einbußen entstehen, spielte der Faktor Zeit in Kiel eine besonders wichtige Rolle. Hinzu kommt noch, dass die Gegebenheiten im Holstein-Stadion schwierig und technisch anspruchsvoll waren. Wir konnten dem Verein und der Stadt ein Paket anbieten, das die Bedürfnisse von allen Beteiligten optimal erfüllte. Durch unsere Erfahrung und Expertise waren wir in der Lage, die temporäre Tribünenanlage mit 7.000 Zuschauerplätzen in viereinhalb Monaten zu installieren und spielbetriebstauglich herzurichten, sodass der finanzielle Schaden so gering wie möglich war und die Auflagen der Deutschen Fußball Liga auch erfüllt werden konnten.

Stadionwelt: Können Sie die Herausforderungen, die das Projekt in Kiel mit sich gebracht hat, erläutern?
Helmstadt: Neben dem angesprochenen Zeitdruck haben die widrigen Wetterbedingungen im Winter, mit kalten Temperaturen und Stürmen, die Umsetzung beeinträchtigt. Hinzu kam noch, dass der untere Bereich der Tribüne früher in den Betrieb gegangen ist als der obere. Dementsprechend war im unteren Teil schon Publikumsverkehr, während oben noch gebaut wurde. Um die Sicherheit für die Zuschauer zu gewährleisten, mussten und müssen also vor jedem Heimspiel Begehungen und Abnahmen durchgeführt werden. Aus diesem Grund war es uns also nicht möglich konstant durchzubauen – alle zwei Wochen mussten wir die Arbeiten unterbrechen und die Baustelle zu einem sicheren und zugänglichen Ort machen.

Stadionwelt: Neben dem Stadionprojekt in Kiel sind Sie auch Teil der Umbauarbeiten im Karlsruher Wildparkstadion. An welchen Bauabschnitten sind Sie konkret beteiligt?
Helmstadt: Bei den Umbauplänen des Wildparkstadions in Karlsruhe handelt es sich um ein zweistufiges Bauverfahren. Nüssli ist bei den Vorabmaßnahmen zum neuen Stadion beteiligt. Bevor die neuen Tribünen errichtet werden können, müssen die alten Wälle abgerissen werden – und das ganze geschieht während des laufendenden Spielbetriebs. Die Anforderungen von DFL und DFB besagen nämlich, dass jederzeit mindestens 15.000 Zuschauer Platz im Stadion finden müssen. Deshalb statten wir den Wildpark in der Bauzeit mit zwei temporären Tribünen hinter den beiden Toren aus. Die beiden temporären Tribünen bieten 9.000 Steh- und 400 Sitzplätze. Zusammen mit der Haupttribüne gewährleisten sie während der gesamten Bauphase die Mindestkapazität von 15.000 Zuschauern im Stadion. Während die Nordseite für die Heim-Fans vorgesehen ist, ist die Südseite mit den 400 Sitzplätzen für die Gästefans gedacht. Sobald der Neubau an den provisorischen Tribünen andockt, werden wir mit dem Rückbau beginnen. Aktuell gehen wir davon aus, dass Ende 2022 der letzte Zusatzbau von uns zurückgebaut werden kann.

Stadionwelt: Ziel war, dass das Stadion während des laufenden Spielbetriebs umgebaut wird – inwiefern beeinflusst dieser Umstand die Arbeiten?
Helmstadt: Anders als in Kiel, wo donnerstags vor einem Heimspiel die Maßnahmen zur Betriebssicherheit geklärt sein müssen, arbeiten wir in Karlsruhe in Bereichen, die für Zuschauer nicht zugänglich sind. Unsere Arbeiten werden vom laufenden Spielbetrieb nicht beeinflusst.

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(Stadionwelt, 16.05.2019)

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